
Die Gemeinderatsfraktion der AfD Stuttgart war zu Besuch im Hauptklärwerk Mühlhausen. Fraktionsvorsitzender Dr. Michael Mayer sowie Thomas Rosspacher machten sich vor Ort ein umfassendes Bild vom Zustand der städtischen Abwasserinfrastruktur und deren Auswirkungen auf die Wasserqualität des Neckars. Anlass war nicht nur eine Begehung zur Bewunderung modernster Filtertechnik, sondern unter anderem auch die anhaltende Debatte um die politische Forderung, den Neckar in Stuttgart zu einem Badefluss zu machen.
Die dabei vorgefundenen Fakten sprechen eine klare Sprache: Technisch ist diese Vorstellung nicht nur unrealistisch, sondern angesichts der bestehenden Belastungen sogar fahrlässig.
Das Klärwerk Mühlhausen ist mit einer Ausbaugröße von 765.000 Einwohnerwerten die größte Anlage in Baden-Württemberg. Täglich werden hier über 170.000 Kubikmeter Abwasser gereinigt, darunter auch die Abwässer aus Nachbargemeinden wie Esslingen, Ostfildern, Fellbach, Remseck, Kornwestheim und Korntal-Münchingen. Viele kleinere Anlagen wurden im Zuge einer regionalen Bündelung abgeschaltet, was zu einer enormen Belastung des zentralen Werks führt. Die Reinigung erfolgt mehrstufig. Nach mechanischer und biologischer Behandlung folgt eine chemische Phosphatfällung.

Seit Ende 2022 kommt darüber hinaus eine vierte Reinigungsstufe zur Spurenstoffelimination zum Einsatz. In zwei rund 20 Meter hohen, blau lackierten Silos wird dem Abwasser Pulveraktivkohle (PAK) beigemischt. Diese Kohlepartikel besitzen in der Summe eine extrem große Gesamtoberfläche, an die sich Mikroschadstoffe wie Medikamentenrückstände, Hormone, Industriechemikalien und weitere schwer abbaubare Substanzen effektiv anlagern. Bereits in der ersten Ausbaustufe der neuen Filtertechnik können über 60 Prozent der zuvor nicht erfassten Spurenstoffe entfernt werden. Nach vollständigem Ausbau bis 2028 soll dieser Wert auf über 80 Prozent steigen. Die Ergebnisse lassen sich bereits sichtbar erkennen: Das Wasser, das nach der vierten Reinigungsstufe das Werk verlässt, ist deutlich klarer und sauberer als das eingelaufene Rohabwasser. Gleichwohl bleibt es technisch betrachtet Abwasser, das keinesfalls ideale Trinkwasserqualität erreicht.
Diese vierte Reinigungsstufe ist ein technischer Fortschritt, beseitigt die Belastung des Neckars jedoch nicht vollständig. Die Technik erreicht hier ihre Grenzen. Auch die modernste Filterstufe macht aus Abwasser kein Wasser für langfristen Badespaß im Neckar. Selbst bei vollständigem Ausbau verbleiben Rückstände. Aus Wasser gefilterte Gifte verschwinden nicht, sie werden im Klärschlamm angereichert, getrocknet, verbrannt und müssen schließlich als hochbelastete Asche in Endlagern deponiert werden.
Ein besonderes Problem stellt die Belastung mit Keimen dar. Trotz aller Reinigungsmaßnahmen enthält das Abwasser nach wie vor fäkale Bakterien. Bei jedem Starkregen läuft planmäßig die Mischwasserkanalisation über. Dann gelangt ungeklärtes oder nur teilgereinigtes Wasser über Notüberläufe in den Neckar. Der Fluss erfüllt in Stuttgart keine Badegewässerqualität und wird dies auch künftig nicht erreichen. Das Gesundheitsamt verweist in diesem Zusammenhang regelmäßig auf gesundheitliche Risiken. Hohe Keimzahlen, Rückstände von Arzneimitteln, Pestizide und Industrieeinträge führen dazu, dass das Flusswasser selbst bei klarem Anschein keine hygienische Sicherheit bietet. Die EU-Vorgaben für Badegewässer sind streng und auf natürliche Fließgewässer nicht anwendbar, wenn diese gleichzeitig als Vorfluter für kommunale Abwässer dienen.
Die Kläranlage selbst ist mit erheblichem Energieaufwand verbunden. Der Jahresstrombedarf liegt bei etwa 30.000 Megawattstunden. Damit zählt das Werk zu den größten Einzelverbrauchern der Stadt. Ein Teil der Energie wird über Faulgase und Abwärme aus der Klärschlammverbrennung selbst erzeugt. Hinzu kommen Blockheizkraftwerke und Photovoltaikanlagen. Seit 2023 ist der Bau eines großflächigen Solar-Faltdachs beschlossen, das jährlich rund 2.200 Megawattstunden liefern soll. Damit können etwa 7 Prozent des Eigenverbrauchs gedeckt werden. Die Energiebilanz des Werks zeigt: Die Abwasserreinigung bleibt energieintensiv, der ökologische Fußabdruck lässt sich nur begrenzt reduzieren.



Ein weiterer Bestandteil der technischen Führung war der Bericht über den erweiterten Nesenbachkanal. Er bildet die Hauptschlagader des innerstädtischen Abwassersystems. Der Kanal verläuft unter der B14 und transportiert das Mischwasser aus der Innenstadt bis ins Klärwerk nach Mühlhausen. Im Zuge von Stuttgart 21 musste er verlegt und tiefergelegt werden. Heute fließt er in über 20 Metern Tiefe unterhalb des neuen Bahnhofs. Trotz seiner gewaltigen Dimensionen muss er bei Starkregen immer wieder entlastet werden. Dann wird überschüssiges Mischwasser kontrolliert in den Neckar abgegeben, um Rückstaus in der Innenstadt zu verhindern. Diese technischen Entlastungen sind ein weiterer Beleg dafür, dass die Forderung nach Badewasserqualität im Neckar nichts mit der Realität zu tun hat.
Die AfD-Gemeinderatsfraktion bewertet die Forderung nach einem „Badefluss“ daher als reines Wunschdenken linker Politik. Die dabei suggerierte Umweltidylle steht im Widerspruch zur tatsächlichen Belastungslage. Es ist fahrlässig, den Bürgern vorzugaukeln, ein sicheres Flussbad sei kurzfristig realisierbar. Die technischen Grenzen der Reinigung sind erreicht. Rückstände im Wasser, Keimbelastung und notwendige Kanalüberläufe sprechen eine eindeutige Sprache. Auch mit modernster Technik ist der Neckar in Stuttgart kein Badegewässer. Die AfD-Fraktion fordert daher Ehrlichkeit in der politischen Debatte. Ideologische Träumereien ersetzen keine realitätsbasierte Umweltpolitik. Sauberes Wasser ist kein Ergebnis von Marketingkampagnen, sondern das Resultat von Investitionen, Technik, Verantwortung und Transparenz.
Was wir im Klärwerk gesehen haben, hat uns tief beeindruckt. Die eingesetzte Technologie, die Struktur der Prozesse und die Professionalität der Fachkräfte zeugen von einem enormen technischen Niveau. Erst durch den unmittelbaren Einblick vor Ort wird sichtbar, wie viel Know-how, Präzision und tägliche Verantwortung notwendig sind, um aus stark belastetem Abwasser wieder ein weitestgehend sauberes Medium zu machen. Die dort tätigen Ingenieure und Techniker leisten Tag für Tag hervorragende Arbeit. Diese Kombination aus Hightech, Effizienz und menschlicher Expertise verdient höchste Anerkennung. Als Fraktion zollen wir dieser Leistung großen Respekt.