Wie das mittlere D in der DDR

Wie das mittlere D in der DDR

Dem Wählerwillen „blind zu folgen“, sei naiv und ein Fehler, sagte ein Mitglied der Gruppierung „Puls“ in der Gemeinderatssitzung am 19. September, um Stimmen für seinen Wahlvorschlag für die Aufsichtsräte von SSB und HSG werbend.

Worum ging es? Gemeindeordnung und Geschäftsordnung des Stuttgarter Gemeinderats sehen vor, die Ausschüsse, Aufsichtsräte und weitere Gremien mit Vertretern des Gemeinderats so zu besetzen, wie dies der Stärke der Fraktionen – also dem Ergebnis der Kommunalwahl – entspricht. Man nennt dies spiegelbildlich, denn es soll den Wählerwillen widerspiegeln. In jahrzehntelanger Praxis hatte man das bisher immer in Einigungsgesprächen zwischen den neu Gewählten erfolgreich ausgehandelt.

Dieses Mal jedoch begehrte ein Zu-kurz-Gekommener auf. Die Aufsichtsräte dürften nur durch diejenigen Fraktionen besetzt werden, die „demokratischen Parteien“ angehören. Diese Sprachregelung, der sich auch Grüne, SPD und Linkspartei bedienen, erinnert an das berüchtigte Zitat des Diktators Walter Ulbricht: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“

Es geht ihnen um die Durchsetzung des Meinungs-Monopols. Von ihrer eigenen Politik abweichende Positionen sollen bekämpft werden. Wer ihnen nicht beipflichtet, wird als „undemokratisch“ diffamiert.

Und der Wählerwillen? Ein Fehler sei es, diesem „blind zu folgen“. Es ist schon bemerkenswert, dass sich jemand selbst demokratisch nennt, der so etwas äußert. Das ist so glaubwürdig wie das mittlere D der DDR.