Windräder auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Stuttgart – dieses Thema hatten die meisten als erledigt betrachtet, nachdem es im Jahr 2013 still und leise aus der öffentlichen Aufmerksamkeit und den Medien verschwunden war. Nun sind sie wieder da, auf Befehl von ganz oben.
Die Bundesregierung verlangt, dass wir uns für unsere Gemarkung Windmühlen wünschen müssen.
Es handelt sich um ein Angebot, das wir (angeblich) nicht ablehnen können, denn falls wir das wagen sollten, würde die Bundesregierung die Windmühlen auf Stuttgarter Gemarkung einfach anordnen, ohne uns nochmal zu fragen.
Damals, vor rund 10 Jahren, hatte sich nicht zuletzt die Einsicht durchgesetzt, dass Windmühlen in einer Gegend wenig Sinn haben, wo es häufig so windstill ist wie bei uns. 365 Tage haben bekanntlich 8.760 Stunden. Windmühlen im deutschen Binnenland kommen statistisch auf rund 1.800 Volllast-Stunden. Das heißt, sie stehen den größten Teil der Zeit still. Woher der Strom dann kommen soll, müssten EnBW und Stadtwerke Stuttgart eigentlich mal erklären.
Unverdrossen behaupten sie nun, Wissenschaft und Technik seien in der Zwischenzeit so fortgeschritten, dass sich auch Windkraftwerke, die nur in 20 Prozent der Zeit laufen, trotzdem noch lohnen. Milliardenverluste etwa bei dem Hersteller Siemens Energy deuten aber wohl darauf hin, dass seine Produkte schwer verkäuflich sind. Vermutlich, weil die Betreiberfirmen nicht mit einem betriebswirtschaftlich sinnvollen, d. h. ertragreichen Betrieb rechnen.
Die „Windhöffigkeit“, laut Duden das durchschnittliche Windaufkommen an einem bestimmten Standort (als Maßstab für die Gewinnung von Windenergie) hat man für die Stuttgarter Gemarkung in einer Höhe von 160 m über Grund ermittelt. Das bedeutet natürlich auch, dass die Windräder entsprechend hoch werden müssen – das kann man sich im nahen Remstal ansehen. In Winterbach stehen drei Windräder der EnBW mit einer Nabenhöhe von 164 m und einem Rotordurchmesser von 131 m, einer Gesamthöhe also von rund 230 m. Die Kanzel des Stuttgarter Fernsehturms befindet sich übrigens in einer Höhe von 145 m, der Turm einschließlich Antenne ist 217 m hoch. Und die Winterbacher Windmühlen sind schon sechs Jahre alt – die jüngste Generation dieser Anlagen wird diese Ausmaße noch übertreffen, die Rede ist von 260 m Höhe.
Die über 60 m langen Windradflügel drehen sich außen mit einer Geschwindigkeit von weit mehr als 200 km/Stunde. Die Flügelmitte bringt es immer noch auf 120 km/Stunde. Greifvögel, hoch fliegende Fledermäuse oder wandernde Insekten haben da wenig Chancen, rechtzeitig auszuweichen. Es ist ja noch nicht so lange her, da wollten die Grünen noch, dass „jede Biene und jeder Schmetterling und jeder Vogel in diesem Land“ sich auf sie verlassen könne. Inzwischen aber sollen Windräder Vorrang vor Natur und Artenschutz haben.
Damit so ein Windrad möglichst nicht umfällt, braucht es ein entsprechendes Fundament aus mindestens 1.000 Kubikmetern Beton (entsprechend ungefähr 125 Fahrmischer-Lkw) und 130 Tonnen Bewehrungsstahl. Riesige Fundamente sollen also, geht es nach der Obrigkeit, in den Boden der Stuttgarter Wälder gelegt werden, nebst breiten, für Schwerlastverkehr geeigneten Straßen mit großen Kurvenradien. Denn die Bauteile für die Windindustrie müssen überhaupt an Ort und Stelle transportiert werden können.
Nach Ende der technischen Lebensdauer müssten die Windanlagen samt Fundament und Straßen dann wieder abgebaut und der Waldboden in seinen ursprünglichen Zustand versetzt werden. Das einfache Auffüllen mit beliebigem Humus oder Ackerboden ist nicht erlaubt, so dass der beim Bau ausgehobene Waldboden rund 20 Jahre lang irgendwo aufbewahrt werden müsste. Wir können uns das, ehrlich gesagt, nicht so recht vorstellen, aber die Obrigkeit hat es so angeordnet.
Windkraftanlagen werden laut Bundesumweltministerium für mehrere zehntausend Tonnen Abfall pro Jahr sorgen, ein Recyclingkonzept fehlt jedoch bisher. Insbesondere die glas- und carbonfaserverstärkten Rotorblätter sind ein Problem. Nicht einmal verbrennen kann man sie so einfach. Aber wer weiß schon, was in 20 Jahren ist, und ob die Fundamente jemals wieder aus dem Waldboden gehämmert werden, falls die Windfirmen dann Insolvenz anmelden?
Den Abstand zur Wohnbebauung hat die Obrigkeit für Stuttgarter Windräder auf 800 m festgelegt. Das bedeutet, dass je nach Himmelsrichtung und Sonnenstand die Schlagschatten der Windmühlenflügel über den Balkon, durch den Garten oder das Wohnzimmer huschen – zwanzig- bis dreißigmal pro Minute.
Gibt es vielleicht Mitbürger, denen das nichts ausmacht, oder die einfach die Vorhänge zuziehen? Auch vor dem pulsierenden, leise dröhnenden Geräusch der Windräder kann man ins Haus flüchten und die schalldichten Fenster schließen, das hilft allerdings nicht gegen den gesundheitsschädlichen Infraschall (nicht hörbare, aber durchdringende Frequenzen von weniger als 16 Hertz).
Wahrscheinlich ist es doch die weitaus bessere Idee, den Bau solcher brutal natur- und landschaftszerstörender Industrieanlagen, die irreversible Vernichtung weiter Teile des Stuttgarter Stadtwalds, die Schädigung der Gesundheit tausender Stuttgarter Bürger, den unwiederbringlichen Wertverlust von Immobilien und nicht zuletzt die skrupellose Veruntreuung von Milliarden Steuergeldern vorausschauend und entschlossen zu verhindern.