Wildschütz J. aus S. Oder: Wie die AfD aus den Nachrichten verschwindet

Wildschütz J. aus S. Oder: Wie die AfD aus den Nachrichten verschwindet

Nein, lügen würden sie nie, die ‚Stuttgarter Zeitung‘ und ihr redaktionell-siamesischer Zwilling ‚Stuttgarter Nachrichten.‘ Aber natürlich ist die Selektion von Nachrichten eine verantwortungsvolle Aufgabe für jeden tüchtigen Redakteur (nicht zu vergessen: die Redakteurinnen). Denn was in der Zeitung steht, ist wichtig. Und was nicht in der Zeitung steht, hat den Leser auch nicht zu interessieren.

Ein gutes Beispiel, wie das funktioniert, finden wir heute in der Online-Ausgabe der ‚Stuttgarter Nachrichten.‘

Redakteurin Andrea J. hatte in einem Artikel die bange und skandalträchtige Frage gestellt, ob Connys Eiswägele auch im nächsten Jahr noch eine Genehmigung der Stadt bekommen werde. Für einen „Nachdreher“ (O-Ton Andrea) wollte sie nun von den Gemeinderatsfraktionen eine Stellungnahme haben und fragte auch bei der AfD-Geschäftsstelle im Rathaus an.

Daraus ergab sich folgende E-Mail-Korrespondenz:

30.03.2022 11:44
Betreff: Presseanfrage Thema Sondernutzungserlaubnis
Sehr geehrte Damen und Herren,
für einen Nachdreher zu der heute in StN und StZ erschienen Geschichte zu Connys Eiswägele bzw. der neuen Satzung zur Sondernutzungserlaubnis für bewegliche Verkaufsstände (siehe Anhang) möchte ich Sie um ein kurzes Statement bitten.
Die Fragen: Hat Ihre Fraktion damals im Gemeinderat dafür gestimmt, dass es keine Sondernutzungserlaubnisse für bewegliche Verkaufsstände mehr gibt? Wenn ja – warum? Oder warum nicht? Stehen Sie nach wie vor hinter dieser Entscheidung? Hat man dabei bedacht, dass man mit dieser Entscheidung berufliche Existenzen zerstört? Sind Ausnahmen von dieser Regelung denkbar?
Da die Geschichte am Freitag erscheinen soll, möchte ich Sie um eine Antwort bis morgen (Donnerstag, 31.3.) um spätestens 11 Uhr bitten.
Ich bedanke mich herzlich für Ihre Mühe.
Mit schönen Grüßen,
Andrea Jenewein
Redakteurin Ressort Lokales

30.03.2022 16:55
Sehr geehrte Frau Jenewein,
danke für Ihre Anfrage.
Im Sommer am Eiswägele ein Eis zu holen und genüsslich zu schlotzen, das ist doch ein wunderbares Vergnügen. Deshalb sprechen wir von der AfD-Fraktion uns auch ganz klar für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Eiswägele aus!
Der entscheidende Punkt dabei: Die Satzung verbietet zwar im § 2 Abs. 7 grundsätzlich Sondernutzungserlaubnisse für bewegliche Verkaufsstände. Aber sie lässt in § 7 ausdrücklich Ausnahmen in Einzelfällen zu.
Die Stadtverwaltung kann also nach eigenem Ermessen entscheiden, und wir fordern sie auf, ihren Ermessensspielraum zu nutzen. Dann wäre doch allen geholfen 😉
Viele Grüße
Dr. Michael H. Mayer
Stadtrat
stv. Vorsitzender der AfD-Fraktion
im Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart

Heute nun erschien Jeneweins „Nachdreher“ in aller Ausführlichkeit. Zu Wort kam „die Mehrheit aller Fraktionen“ – aber nicht die AfD.

Warum hat es die AfD nicht in den Artikel geschafft? Nicht wichtig für die Leser? Oder – wir spekulieren mal: Die Leser müssen vor Nachrichten verschont werden, die sie auf dumme Gedanken bringen könnten? Etwa, dass die AfD sich für Eiswägele in der Stadt ausspricht?

Es ist ja nicht so, dass etwas Unwahres über die AfD berichtet würde. Nein, Relotius bewahre. Aber es reicht ja schon, wenn es die AfD in der Wirklichkeitskonstruktion Stuttgarter Redakteure einfach nicht gibt.

Die gute Nachricht, liebe Leser: Es gibt uns. Wir wollen Eiswägele. Und wir haben auch sonst Einiges zur Stuttgarter Kommunalpolitik zu sagen. Schauen Sie sich mal hier auf unserer Webseite um.

Bild: pixabay, oliana_gruzdeva (bearbeitet)