Wer für die Zukunft planen soll, wünscht sich möglichst verlässliche Aussichten. So sieht es aber leider zur Zeit nicht aus.
Zum Ende diesen Jahres werden drei Kernkraftwerke abgeschaltet – woher stattdessen der Strom kommen soll, den sie bisher geliefert haben, ist unsicher.
Die Inflation liegt offiziell bei 5 Prozent, und dass sie bald wieder zurückgeht, ist unwahrscheinlich. Dafür schafft die Europäische Zentralbank jeden Tag neues Geld in Höhe von 5,7 Milliarden Euro.
Manchmal sind scheinbar kleine Ereignisse sinnbildlich für die prekäre Lage: Zum Beispiel der Spielwaren-Kurtz schließt zum Jahresende. Die Gründe seien, laut offizieller Mitteilung des Unternehmens und zitiert nach der Stuttgarter Zeitung, die rückläufigen Kundenfrequenzen in der Innenstadt, die gleichbleibend hohen Mietkosten, das Kaufverhalten der Konsumenten zugunsten des Onlinehandels, und das zweite Jahr ohne das für die Spielzeugbranche entscheidende, durch staatliche Restriktionen lahmgelegte Weihnachtsgeschäft.
Der Fall dieses Unternehmens ist in mancher Hinsicht ein trauriges Beispiel für eine Gesamtentwicklung, die nicht nur in Stuttgart, aber gerade auch hier zu beobachten ist. Handel und Gewerbe in unserer Stadt sind nicht erst seit gestern unter Druck geraten. Der Umsatz des Online-Händlers Amazon hat sich seit dem Jahr 2016 in Deutschland verdoppelt auf inzwischen 30 Milliarden US-Dollar – während die Umsätze stationärer Handelsunternehmen zurückgehen.
In diese ohnehin bedrohliche Entwicklung hinein traten dann staatliche Maßnahmen, die eine Viruskrankheit bekämpfen wollten, aber mit ihrer Therapie mehr Schaden anrichteten, als es die Krankheit je vermocht hätte. Diese Brachialtherapie gibt so manchem ohnehin leidenden Betrieb vollends den Rest.
Die hohen Mietkosten für Verkaufsflächen in der Innenstadt haben ebenfalls eine fatalen Beitrag geleistet, liest man. Ja nun: Immobilien sind nach Jahren anhaltender Nullzinspolitik der EU bekanntlich eine der ganz wenigen Möglichkeiten, Kapital gewinnbringend anzulegen. Wer das tut, möchte dann auch eine ordentliche Rendite sehen.
Und glaubt, es werde sich bald schon wieder ein Mieter finden, der die geforderte hohe Miete zahlt. Dieser Glaube könnte sich jedoch als Irrtum herausstellen. Am Wilhelmsplatz in Cannstatt steht ein kompletter Kaufhof leer und ist unter marktökonomischen Gesichtspunkten offenbar nicht mehr verwertbar – mit unübersehbaren städtebaulichen Nebenwirkungen.
Und dass die Stadt solche Immobilien wie das Breitling-Gebäude oder vielleicht das Karstadt-Kaufhof-Areal im Rathausviertel mal eben übernimmt und bewirtschaftet, das kann im Einzelfall zielführend, aber doch wohl keine allgemeine Lösung sein.
Kaufhof oder Spielwaren-Kurtz sind für sich genommen vielleicht marginale Symptome, aber es sind Symptome einer Krise, die auch Stuttgart noch heftig treffen wird. Blickt man auf die bisher weltweit führende Automobil-, Zuliefer- und Maschinenbauindustrie, wird die Stimmung auch nicht besser angesichts Tausender zum Abbau stehender Arbeitsplätze. Nicht wegen „Corona“ gehen diese Arbeitsplätze verloren und damit auch die Steuereinnahmen. Sondern weil große Teile der Betriebe abwandern in Länder, in denen das Auto und der Verbrennungsmotor nicht so verteufelt werden wie hierzulande, und wo die Industrie noch zu vernünftigen Energiekosten produzieren kann.
Nicht wie hierzulande, in „The Länd“. Wo man Kraftwerks-Kühltürme medienwirksam in die Luft jagt.
Die Stuttgarter Haushaltsberatungen beschäftigen sich leider zu einem beträchtlichen Teil mit Scheinproblemen, die an den Scheinriesen Turtur erinnern, der immer kleiner wird, je mehr man sich ihm nähert, und die aus Vorstellungen resultieren wie der vermeintlichen Rettung des Weltklimas, der angeblichen Rettung von vermeintlichen Flüchtlingen aus putativer Seenot, oder einer imaginierten Verkehrswende mittels autofreier Innenstadt unter Zuhilfenahme von Lastenfahrrädern und brennenden Omnibussen.
Wir sollten uns besser mit den echten, realen Problemen beschäftigen. Die nämlich werden bei näherem Hinsehen immer größer.
Unter Berücksichtigung der zusätzlichen Investitionen und Maßnahmen aus der Grünen Liste ergibt sich für unseren Haushalt – bis 2026 gerechnet – ein Kreditbedarf von 1,25 Mrd. Euro.
Wenn man Schulden macht, sollte man eine Vorstellung davon haben, wie man sie zurückzahlen will. Und wann. Weder das eine noch das andere ist wirklich klar. Wenn die Anderen alle Schulden machen, muss sich auch die Stadt überlegen, ob es nicht dumm wäre, keine zu machen. Aber: Wenn man schon Schulden in eine ungewisse Zukunft hinein macht, sollte das geliehene Geld dann wenigstens in entsprechende Werte investiert werden statt in Weltrettungs-Wolkenkuckucksheime.
Investiert werden sollte insbesondere in städtische Infrastruktur, in Wege und Straßen, in die Funktionsfähigkeit der Verwaltung, in systemrelevante Berufe wie Krankenpfleger, Erzieher oder Polizisten.
Wenn die Einzelhändler in der Stadt auch für Kunden aus dem Umland gut erreichbar sind, weil die hier einen Parkplatz finden, trägt das mehr zur Attraktivität der Stadt bei als Fahrradwege, auf denen kaum mal ein Fahrrad zu sehen ist.
Eine gut aufgestellte Stadtpolizei verhilft den Bürgern zu mehr Lebensqualität als Tempo 40 auf mehrspurigen Hauptverkehrsstraßen.
Die Förderung unserer Vereine trägt mehr zur Integration von Halbstarken mit Migrationshintergrund bei als Sprachkurse für ausreisepflichtige Migranten.
Die Senkung der Grundsteuer und ein städtischer Wohngeldbonus für wichtige Berufsgruppen sorgen für mehr sozialen Ausgleich als sozialistische Versuche, immer mehr Immobilien zu verstaatlichen.
Lassen Sie uns mit dem Geld, das wir ausgeben, aber nicht haben, wenigstens Werte schaffen, die beständig sind und das Vermögen unserer Stadt mehren.
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Rede zur Haushaltsdebatte im Gemeinderat am 17.12.2021